Es begann Ende 1888
Alles begann Ende des Jahres 1888. Der Deutsche Reichsfiskus, vertreten durch den Landrat des Kreises Jork, Heinrich Küster, bewilligt den Seefischern Heinrich und Hinrich Wulf aus Cranz ein zinsfreies Darlehen in Höhe von 7.000,- Mark zum Bau eines Hochseefischereifahrzeuges. Der Neubau wird an die Werft von Hinrich Sietas in Cranz vergeben. Die „Kasse zur Versicherung von Fischereifahrzeugen zu Cranz (Elbe)" versichert den Neubau „Landrath Küster" zum Wert von 15.000,— Mark, zuzüglich 1000,- Mark für Geräth (Netze etc). Dem Schiff wird die Fischereinummer P C. 12 zugeteilt (P C. für „Preußisch Cranz") und am 26.3.1889 von der Werft an die Auftraggeber abgeliefert.
Der Schiffbaumeister Hinrich Sietas stellt den neuen Eigentümern einen "Bylbrief aus, der den Übergang des Eigentums an dem Neubau an die Auftraggeber Heinrich und Hinrich Wulf beglaubigt.Ausgestattet mit Bylbrief und dem Messbrief beantragen sie Eintragung des Schiffes in das zuständige Schiffsregister. Die Registrierung erfolgte nach mehrfacher Verzögerung und wiederholter Aufforderung zum persönlichen Erscheinen auf dem Amtsgericht Jork, ohne das die Fischer Wulf der Vorladung Folge leisteten, da sie sich jedes mal mit ihrem Schiff gerade zum Fischfang auf See befanden. Erst am 18.2.1890 erfolgte die Eintragung unter Reg.Nr. 926 beim Königlichen Amtsgericht zu Harburg/Elbe. Das Schiff erhielt das Unterscheidungssignal KPDS.Die Vermessung durch das Kaiserliche Schiffsvermessungsamt in Berlin ergab folgende Daten: Länge = 19,40 m , Breite = 5,94 m , Tiefe = 2,05m, Britische Registertonnen = 43,85 t (Netto 39,09 t)
Heimathafen Finkenwärder
Am 23.4.1901 wurde der Kutter an Georg Dreyer und Jacob Rudolph Friedrichs, beide aus Finkenwerder, zu je 1/2 Anteil verkauft und der Heimathafen von Cranz nach Finkenwärder verlegt. Der Wert des Kutters wurde mit 11.800,— Mark angegeben. Registriert wurde der Kutter im Hamburgischen Schiffsregister unter SSR 2686. Ihm wurde am 7.6.1901 das Fischereizeichen H.F. 231 (H.F. für „Hamburgisch Finkenwärder“) zugeteilt. Ab 1.1.1903 war der Kutter bei der „Unterelbe-Versicherungskasse" in Finkenwärder versichert. Am 23.9.1903 wurde der Seefischer J.P. Friedrichs als alleiniger Eigentümer registriert. Friedrichs erhielt ein zinsfreies Reichsdarlehen in Höhe von 5.000,— Mark.
Bis 1926 wechselten die Eigentümer oft schon nach kurzer Zeit. Von 1926 bis 1958 befischte der Seefischer Rudolf Joh. H. Reimers aus Finkenwerder mit dem LANDRATH KÜSTER 32 Jahre lang die Nordsee. Der letzte Eigentümer Hans Brodersen ließ den Kutter 1960 in Cuxhaven registrieren, wo er die Nummer N.C. 440 erhielt, unter der er noch bis 1970 als Fische-reifahrzeug gefahren wurde.Unter verschiedenen Eigentümern fuhr das Schiff zuerst als „Freddy Quinn“ dann als „Phönix“, wurde völlig heruntergekommen 1991 in Holland wiederentdeckt und in Hamburg restauriert. Seit 1997 ist Finkenwerder wieder Heimathafen, wo der „Verein Freunde des Hochseekutters Landrath Küster“ das im Original restaurierte Schmuckstück mit den Einnahmen aus Vercharterung in Fahrt hält.
Veränderung
Bis in die 20er Jahre hinein dienten dem Anderthalbmaster seine Segel als alleiniger Antrieb. Gefischt wurde im Sommer auf der offenen Nordsee, im Winter auf der geschützten Elbe. Als später die massenhaften Anlandungen durch große Fischdampfer die Preise erheblich verdarben, waren die Finkenwerder Fischer gezwungen, auch im Winter auf offener See zu fischen. Das war für die vergleichsweise kleinen Schiffe riskant – viele Kutter gingen in den Winterstürmen verloren. Erst Mitte der 20er Jahre wurden alle Finkenwerder Kutter mit Glühkopfmotoren ausgerüstet, blieben dabei aber vollwertige Segler.Am 22.06.1928 wird das Schiff in einem neuen Messbrief als „Segelschiff mit Hilfsmotor“ ausgewiesen. Erstmals wird ein Ruder- bzw. Kartenhaus erwähnt und genaue Angaben zu Motorisierung, 25 PS HMG, gemacht. 1934 folgt ein stärkerer Motor mit 85 PS, ebenfalls HMG. Im Zuge des dafür erforderlichen Umbaus ist möglicherweise die gesamte Bünnkonstruktion entfernt worden. Zwischen 1939 und 1945 wurde H.F.231 mit Dutzenden ähnlicher Fahrzeugen für Zwecke der Kriegsmarine dienstverpflichtet, meist zum Minen-fischen in der Ostsee, später vor der französischen Kanalküste. Bei den fürs Minenfischen vorgenommenen Umbauten war der hölzerne Mast in Holland zurück geblieben.1949 wird ein neuer MAK 3 Zyl. Dieselmotor mit 90 PS, 1957 ein Deutz-Diesel von 120 PS eingebaut.
1970 scheidet der Kutter im Zuge der „Kapazitätsanpassung“ aus der Erwerbsfischerei aus und vom Bund wurde eine Abwrackprämie gezahlt. Die „Deutsche Marine-Jugend e.V.“ übernimmt den Kutter unter dem Namen „Freddy Quinn“, er verkommt allmählich, wird nach Holland verkauft, wo das Schiff trotz Investition von 125.000 Gulden immer weiter verkommt und schließlich für 5.000 DM nach Deutschland zum Kauf angeboten wird.